Öffentlicher Teil
1. Tagesordnung
einstimmig angenommen
2. Auflösung Unterausschuss AG Fahrradverkehr
Das geht sehr kurz und sehr schmerzlos, da es ja inzwischen den Radverkehrs-Beirat gibt, der sich bereits konstituiert hat. In dem sitzen mehr oder weniger die gleichen Leute.
Nicht öffentlicher Teil
3. Protokollkontrolle nicht öffentlich
8/0/2
Öffentlicher Teil
4. Protokollkontrolle
Da stehen zwei auf der Tagesordnung, aber bis auf die üblichen Korrekturen gibt es keine Probleme.
8/0/2
7/0/2
5. Informationen Arbeitspapier Leitlinien Mobilität
Prof. Karl Heinz Schäfer von Plan.publik erklärt erst einmal, was Mobilität ist und wozu man wie oft Konzepte braucht, statt auf den Punkt zu kommen. „Mobilität beschreibt die Möglichkeit und Bereitschaft zur Bewegung von Personen und Gütern.“ Schön zu wissen. Auch „individuelle Mobilitätsbedingungen“ ist eine grandiose Wortschöpfung. Ich erfahre, dass ich eine „multimodale Mobilität“ habe, was keine Krankheit ist, sondern nur besagt, dass ich das Verkehrsmittel nutze, das für den jeweiligen Zweck am besten geeignet ist.
Verglichen mit Deutschland und europäischen Fahrradstädten hat Jena einen sehr hohen Anteil an Fuß-, Rad- und ÖPN-Verkehr. Es gibt auch nur 0.65 Autos pro Haushalt. Weniger sind es nur in Berlin. Warum Leute kein Auto haben, erfährt man von Hamburg, Berlin und Hannover, aber nicht von Jena. Spannend. Dass das Geländeprofil etwas mit der Fahrradnutzung zu tun haben könnte, ist keiner Erwähnung wert. Man hat auch nicht nachgefragt, warum etwa ein Drittel der kurzen Wege bis 3 km mit Autos zurückgelegt werden. Vielleicht weil der Wochenendeinkauf zu Fuß schlecht zu bewältigen ist? Nein, Gründe sind nicht wichtig. Hauptsache, da ist noch „Potenzial“. Auch die Rate der „Fahrrad-Verfügbarkeit“ gibt es nur deutschlandweit: 22.4 %. Das ist wenig.
Parken, auch Anwohnerparken, auf öffentlichen Straßen will das visionäre Konzept abschaffen. Dann kann man auf den Straßen zwar eine Beachparty feiern oder Wäsche aufhängen, aber ob das die Attraktivität der Wohnlage wirklich verbessert, bleibt abzuwarten.
Pendler hat man gleich ausgeblendet und konzentriert sich nur auf die Einwohner. „Das ist eine Einschränkung, die man machen muss“, sagt der Professor. Ach ja? In Jena sind das täglich 25.000 Ein- und 13.000 Auspendler. Vermutlich haben sie den größten Anteil an Jenas Verkehr, aber im Modal Split ist das egal, weil eine Fahrt nach Neustadt an der Orla ebenso gewichtet wird wie der Gang zu Fifis Stammbaum. Deshalb ist der wichtigste Verkehr in der Stadt angeblich der Fußverkehr.
Interessanterweise sind die gesamten Zielfelder mit den sonstigen Konzepten in der Stadt auf keine Weise vereinbar. Preiswerter Wohnraum für Familien? Braucht man angeblich nicht. Nahversorgung? Das regelt der Markt. Gemischte Quartiere? Geht gar nicht. In Jena findet Industrie im Süden und Wohnen im Norden statt. Ich predige diese Dinge seit Monaten, höre aber immer, dass es Unsinn ist. Jetzt kommt es als Mobilitätskonzept daher und ist das Evangelium.
Es hat ein Workshop mit Bürgern stattgefunden, wo man zwischen den drei Szenarien entschieden hat. Am Ende waren weniger als 30 Bürger anwesend, wie Reinhard Wöckel (Linke) berichtet. Das wird ohne jede Einschränkung als Meinung der Bürgerschaft präsentiert. Auch mein sachkundiger Bürger haut in diese Kerbe. Nach seinem Bericht war es so ähnlich wie eine Lamadecken-Verkaufsschau. Dezernent Denis Peisker fand die Veranstaltungen „sehr wertvoll“.
Rosa Maria Haschke (CDU) hatte das Gefühl, in Wolkenkuckucksheim zu sein. Ihr fehlt vorausschauende Verkehrserschließung für die Leute, die das Geld in der Stadt erwirtschaften. Der Professor meint, man müsste sich Gestaltungsspielräume schaffen und findet den mangelnden Bezug zur Realität ausdrücklich richtig. So kann man den Vortrag praktisch überall halten, ohne viel mehr als die Fußzeile anpassen zu müssen. Konkretheit schadet der Verwertbarkeit.
Thomas Nitzsche (FDP) meint, es müsste Autoverkehrsverringerungskonzept heißen. Das Primärziel eines Mobilitästkonzeptes sollte die Abwicklung des Transports sein, findet er, nicht die größtmögliche Verharmlosung des Transports.
Ganz so kfz-radikal bin ich nicht, aber die Pendler sind mir ebenso wie die Absurdität von Lastfahrrädern für den Lieferverkehr (!) eine Anmerkung wert. Flexibilität und Mobilität sind nicht unbedingt eine freiwillige Entscheidung. Sagen Sie mal auf dem Arbeitsamt, Sie möchten bitte nur Arbeitsstellen, die Sie zu Fuß erreichen können! Außerdem muss ich nachdrücklich erklären, dass ich finde, mit der Verhätschelung der Fußgänger sollte man endlich aufhören. Die laufen nämlich, ohne links und rechts zu schauen, durch die Innenstadt, egal ob Fußgängerzone oder Straße. Das gefährdet keine Autos, aber mich als Radfahrer.
Kristian Philler (Grüne) meint tatsächlich, diese Leitlinien könnten den Menschen, die auf ein Auto angewiesen sind, in irgendeiner Weise das Leben leichter machen. Ansonsten fühlt er sich unglaublich gut, weil er Fußgänger ist. Er scheint zu glauben, dass irgendwer aus Jux und Dollerei im Berufsverkehr mit dem Auto durch Jena fährt. Wenn ich erkältet bin und es in Strömen regnet, würde ich auch gern mal das Auto nehmen, um ins Rathaus zu kommen, aber diese Option gibt es 17:00 Uhr einfach nicht, wenn man pünktlich sein will.
Denis Peisker findet das Konzept sehr richtig. Die „konstruktive Kritik“ will er aber mitnehmen – ein deutlicher Hinweis darauf, dass er das meiste für destruktiv hielt. Aber dass man vielleicht ein klein wenig auf Jena eingehen sollte, scheint sogar er begriffen zu haben.
Da das Leitlinienkonzept erstaunlicherweise nicht im Sitzungskalender verlinkt ist, obwohl es öffentlich behandelt wurde, stelle ich es hier zum Nachlesen zur Verfügung: 2015-12-10_SEA_TOP 5_Unterlagen
9. Bau einer Rechtsabbiegespur am Angerknoten, Ausbau der Wiesenstraße vom Angerknoten bis Schillerpassage (Lückenschluss)
Vorlage: 15/0674-BE
Thomas Nitzsche referiert den Stand der Beratung im KFZ-Beirat. Man empfiehlt, die Maßnahme so zu beantragen und später über die eventuelle Fußgängerampel zu entscheiden. Das wird allgemein unterstützt, da die Aufweitung dort für den Verkehr wirklich hilfreich wäre. Ich bitte darum, dass wir über die Fußgängerfrequenzen informiert werden – aber nicht unbedingt sofort.
10. Absicht zur grundhaften Erneuerung der Wiesenstraße (von der Kreuzung Am Anger bis zur Grenze des Sanierungsgebietes Unteraue)
Vorlage: 15/0677-BV [ca. 19:55 Uhr]
Eine der stark frequentierten Straßen in Jena, die entsprechend Schaden genommen hat. Anlieger sind größtenteils Stadtverwaltung und Schillerpassage. Die Arbeiten sind sinnvoll und notwendig.
9/0/0
6. Stadt- und Straßenbaumkonzept der Stadt Jena – Aktueller Stand
Dazu gab es noch immer keine schriftlichen Informationen. Herr Knopf vom ThINK hält einen Vortrag. Immerhin sagt man zu, dass wir die Folien bekommen. Da werden dann völlig unleserlich tolle Steckbriefe zu Bäumen und ortsangepasste Pflanzempfehlungen vorgezeigt. Sie existieren, aber vor Februar wird man sie nicht zu Gesicht bekommen.
Spannenderweise behauptet man zu wissen, dass es im Jahr 2100 im Sommer genau 2.5°C und im Winter 4°C wärmer sein wird als heute. Zumindest die Belastung durch Streusalz sollte damit deutlich geringer werden, denn schon heute liegt die mittlere Temperatur über Null.
Man hat 170 Baumarten ausgewertet. Als 11. von 14 Kriterien für die Bewertung wird „invasives Potenzial“ aufgeführt. Es ging zu schnell zum Mitschreiben, aber ich glaube, der dekorative Wert wurde höher bewertet.
So weit, so nutzlos, denn bei welchen Arten es einen Konflikt mit unserer Vorlage gibt, weiß ich noch immer nicht.
7. Verzicht der Stadt Jena auf die Pflanzung invasiver Arten
Vorlage: 15/0490-BV [ca. 18:40 Uhr]
– vom Stadtrat am 17.06.2015 verwiesen
– Wiedervorlage aus der Sitzung am 17.09.2015
– verschoben aus der Sitzung am 01.10.2015
– Wiedervorlage aus der Sitzung am 17.09.2015
Fünfter Anlauf, dem Stadtrat nahezubringen, dass jeder in der Stadt gepflanzte Götterbaum die Gefahr erhöht, dass die Dinger demnächst in unseren Naturschutzgebieten stehen.
Man hat ganz offiziell Dr. Gunnar Brehm und Dr. Gunnar Seibt eingeladen, die in Jena die Experten für pflanzliche Invasion sein dürften. Das ist schön. Allerdings meint Frau Wackernagel, da sei Rederecht nicht vorgesehen. Auf meinen Geschäftsordnungsantrag auf Rederecht reagiert sie einigermaßen pikiert, aber er wird angenommen.
wäre ja auch noch schöner, da sie kein Problem damit hat, dass sich Herr Knopf zum Thema verbreitet, obwohl er zu diesem TOP kein Rederecht hat, da er weder zur Verwaltung noch zum Stadtrat gehört.
Ich habe noch einmal nachgelegt und detaillierte Aussagen über die Verbreitung und den wirtschaftlichen Schaden durch Götterbaum und Robinie ergänzt. Auch meine Messergebnisse an Jenaer Baumscheiben und die Niederschlagsstatistik stelle ich vor.
In der Debatte meint Kristian Philler (Grüne), man hätte am Johannisplatz noch mehr Bäume fällen sollen. An ihrem Zustand könnte man sehen, dass Linden für die Innenstadt nicht geeignet seien. Allerdings werden hohle Linden teilweise noch hunderte Jahre alt. Der Grüne hätte offenbar lieber ein paar Exoten am Eingang der Kneipenmeile. Da ist er sich mit Denis Peisker (auch Grüne) einig, der unsere Vorlage immer noch zu grundsätzlich findet.
Herr Knopf bemüht sich immer wieder, mit Scheinwissen meine Kompetenz anzufechten, etwa mit der Behauptung, die Graue Liste des Bundesamtes für Naturschutz sei erheblich länger als die Schwarze Liste, und da würde alles aufgenommen, was irgendwo in Europa als möglicherweise invasiv aufgefallen wäre. Tatsächlich umfasst die Graue Liste 42 Arten, die Schwarze 38. Das meiste davon sind keine Bäume. Man betrachtet die nächsten Nachbarländer: Österreich, Belgien, Niederlande, aber bei weitem nicht ganz Europa. Ich bin mir sicher, dass er das ebenso weiß wie ich.
Schließlich trägt Stadtförster Olaf Schubert noch einmal seine Erkenntnisse über den Jenaer Wald seit der Trias-Zeit vor. Das hat mit dem Thema wenig zu tun, und der Ausschuss wirkt im Gegensatz zum KSJ-Ausschuss auch wenig beeindruckt. Der Förster nennt es mehrfach vermessen, entscheiden zu wollen, welche Pflanze in Jena wachsen dürfte und welche nicht. Auch die Rote Liste – die der gefährdeten Arten – sei reine menschliche Willkür und habe mit natürlichen Prozessen nichts zu tun.
Am Ende muss ich noch einmal heftig werden, um das tatsächliche Rederecht für Dr. Brehm durchzusetzen. Der weist darauf hin, dass sich durch menschliche Einflüsse die Aussterberaten verhundertfacht haben.
Am Ende wird die Vorlage noch einmal vertagt, bis möglicherweise im Februar das Stadtbaumkonzept fertig ist, spätestens aber bis März. Ich werde dann wieder einen neuen Vortrag in der Tasche haben. Immerhin klopfen mir die Experten verbal auf die Schulter.
8. Verbesserung bzw. grundhafte Erneuerung der „Bauersfeldstraße“
Vorlage: 15/0669-BV [ca. 19:40 Uhr]
Da fragt man noch nicht mal nach Enthaltungen. Eigentlich hätte ich eine Frage gehabt, aber es wird abgestimmt, ohne nach Fragen zu fragen.
6/0/0 – Ich hätte mich vor lauter Frust enthalten, aber das interessiert keinen. Frau Wackernagel meint, es seinen nur 5 Stadträte anwesend.
11. Informationen aus dem Dezernat Stadtentwicklung & Umwelt
Die üblichen Veranstaltungsmeldungen, unter anderem ein Seminar über Boden, das natürlich zur schönsten Arbeitszeit stattfindet.
12. Sonstiges
Rosa Maria Haschke (CDU) beschwert sich, dass am Johannisplatz eine kerngesunde Linde gefällt wurde. Damit hat sie zweifellos recht, aber die CDU hat der Sache zugestimmt. Frank Cebulla, mein sachkundiger Bürger, greift Kristian Philler direkt an, dem die Baumfällungen noch nicht weit genug gingen. Als Grüner, meint er, sollte er sich schämen. Worauf dieser sehr grundsätzlich reagiert, den gesunden Baum ignoriert und stattdessen von den innen hohlen schwadroniert und schließlich erklärt, zuallererst müsste die Funktion an dieser Stelle gewährleistet werden, nämlich ein intakter Abwassersammler her. Das ist doppelt interessant. Einerseits stand der Baum nicht dem Sammler, sondern nur der Umgestaltung des Platzes im Wege. Andererseits interessierte ihn beim Verkehrskonzept die Funktion der städtischen Infrastruktur überhaupt nicht. Ich frage mich immer, wie in einem einzelnen Gehirn derart konträre Meinungen koexistieren können. Obendrein behauptet er, dass „wir“ die Umgestaltung des Johannisplatzes beschlossen hätten. Ich war es nicht, er schon.
21:28 Uhr kommt die Sitzung zu einem Ende. Orange ist das neue Grün, jedenfalls in Sachen Umweltschutz.